Elemente im Handy – Zwei alte Kapitäne
Lord:
Edward! Da bist du ja endlich online. Ich hätte nie gedacht, dass ich dich mitten auf dem Atlantik über so ein Kästchen erreichen kann.
Smith:
Stanley, alter Freund! Ja, ich staune selbst. Kein Funker, kein Draht, kein Kratzen von Morsesignalen – nur ein leuchtendes Ding in der Hand. Es fühlt sich fast wie Zauberei an.
Lord:
Und das Beste: Ich kann dir schreiben, während wir beide auf See sind. Du nach Westen, ich nach Osten. Die Welt wird kleiner, mein Freund.
Smith:
Und dabei steckt die halbe Welt in diesem Gerät. Hast du gesehen, was da alles drin ist? Ich habe irgendwo gelesen: Kupfer aus Chile, Zinn aus Bolivien, Gold aus Südafrika, Nickel aus Kanada…
Lord:
Das kann ich dir bestätigen – ich transportiere die Hälfte davon! Meine Laderäume sind voll mit Erzen und Metallen. Kupferplatten, Zinkbarren, sogar etwas Mangan. Ohne meine Fracht gäbe es wohl kein einziges dieser Dinger.
Smith:
Dann verdanke ich dir also mein erstes Gespräch per „Chat“. Welch Ironie: Du lieferst die Elemente, ich nutze sie, um mit dir zu plaudern.
Lord:
Genau das nenne ich Freundschaft auf metallischer Basis!
Aber mal im Ernst – ist dir nicht mulmig bei dem Gedanken, dass dieses kleine Wunderding so viele Menschenhände braucht, um zu entstehen?
Smith:
Doch, sehr. Wenn man sich vorstellt, dass überall auf der Welt Arbeiter in Minen schwitzen, nur damit wir bequem tippen können … Es erinnert mich daran, dass Fortschritt nie ohne Preis kommt.
Lord:
Wohl wahr. Ich sehe sie manchmal, die Ladungen, die aus Ländern kommen, wo man kaum weiß, wer eigentlich profitiert.
Und jetzt schwimmt all das Metall durch meine Finger – oder über dein Deck.
Smith:
Vielleicht ist das unsere Zeit: Alles hängt mit allem zusammen, von der Erde bis zum Funk.
Übrigens – du sagtest doch, du fährst östlich von Neufundland?
Lord:
Ja. Ich liege heute Nacht still. Die Eissituation ist heikel, also habe ich die Fahrt unterbrochen. Du solltest denselben Kurs meiden, wenn du kannst.
Smith:
Ich danke dir, Stanley. Wir haben gutes Wetter, aber ich werde deine Warnung beherzigen.
Lord:
Mach das, alter Freund. Ich möchte, dass du heil ankommst – und dass wir bald wieder über diese verrückte Technik lachen können.
Smith:
Das werden wir.
Wenn man bedenkt: Du beförderst die Elemente, aus denen unsere Welt gebaut ist – und ich befördere die Menschen, die sie bewohnen.
Zwei Seiten derselben Reise.
Lord:
Dann möge dein Schiff sicher tragen, Edward.
Wie heißt sie eigentlich, dein neues Wunderwerk?
Smith:
Titanic.
Lord:
Ein gewaltiger Name. Pass gut auf sie auf, mein Freund.